Drawings
Der Chicagoer Gitarrist Scott Fields, in Köln lebend und mit diversen musikalischen Formationen wie z.B. dem James Choice Orchestra im experimentellen Improvisationsbereich arbeitend, hat mit Drawings eine Solo-CD veröffentlicht. Er spielte im Loft in Köln Miniaturen mit einer Gibson-E-Gitarre ein. Die 99 Kompositionen, keine länger als eine Minute, wirken wie Improvisationen, in denen Free-Jazz-Einsprengsel aufleben, einsame, schwermütige Bluesriffs angeschlagen werden, für Momente Heavy-Metal-Gitarrenattacken losbrechen, sich atmosphärisch-dröhnende Soundflächen einstellen, Garagenrocksound-Versatzsücke sich Raum verschaffen, Geräusch- und Tonexperimente eingebaut sind. In den kurzen Stücke nimmt sich Fields die Freiheit von Extemen, sich einerseits ruhig in eine sanfte Melodie einzufühlen und andererseits einem fahrig-heftig-harten Gestus von Rhythmus nachgehend. Wobei eine zutiefst lebendige, in sich stimmige Dynamik entsteht.
Auf dem Cover von Drawings sind die wei§en Linien einer Grafik auf schwarzem Grund abgebildet. Die kurzen Tracks der CD haben auch den Charakter von freier, ungegenständlicher Zeichnung. An abstrakten Expressionismus erinnernd. Und im speziellen geht es um den in Basel lebenden deutschen Künstler Thomas Hornung, der Inspiration für die Kompositionen war. Er verbringt so manchen Abend in seinem kleinen Wohnatelier am Zeichentisch. Minutenzeichnungen herstellend mit Kreiden auf schwarzem DIN-A4-Papier. Dabei Wein trinkend, Musik hörend. Cellostücke von Dvorak etwa. Blätter von Hornung waren Vorlagen für Scott Fields Partitur. — Textem
Scharfefelder
“Scharfefelder”: Ausschließlich zwei akustische Gitarren: left channel Elliott Sharp, right channel Scott Fields. Und freie Improvisation. Das Faszinierende der Aufnahmen: Sie führen in ihrem unruhig Experimentellen zu so konzentriert klarem spirituellen Raum, wie man es eigentlich von reiner Folkmusik gewohnt ist, die schon Musikgeschichte ist. Es entsteht ein Gefühl von Essenzialität. Das sich auf das ganze mögliche Spektrum von Free Jazz, Improvisation, Blues und Folk bezieht, mit dem souverän gespielt wird, um zu Destilliertem zu gelangen. Zu einer Art Purismus von Traditionellem und Avantgardistischem.
Man könnte zwar von der Fingerfertigkeit der beiden Gitarristen mit analysierenden Worten sprechen. Unvermutete Breaks, sperrige Akkorde, verquere Melodieläufe, nervölse Tonfolgen, extremen Wechsel von Sanftheit und Härte benennen. Doch mit Eloquenz könnte man vor allem der Grundstimmung, die sich beim Hören einstellt, nicht leicht nahekommen. Vielmehr passen dazu innere, landschaftsartige Bilder, sich synästhesieartig einstellend. Jamais-vu- und Déjà-vu-Fragmente ineinander geblendet.
“… Improvised duos are like a good conversation. Double guitars are a special case: reflections, counterpoints, figure and ground (…”, kommentiert Elliott Sharp in den Liner Notes. Scott Fields hingegen fügt hinzu: “…Although this material is flexible, it can be misunderstood …” Eher umgekehrt wirkt das bei den Songtiteln: Sharp benennt mit großem Assoziationsspielraum: “Branedrane” etwa lässt an D-Branen denken, die man sich als dynamische Objekte in einer höherdimensionalen Raumzeit vorstellt. Die unendlich ausgedehnt sein, aber auch ein endliches und sogar verschwindendes Volumen haben können. Das reißt auch gedanklich Raum auf. Wie auch einer der weiteren Sharp-Titel: “Freefall”. Fields Songnames hingegen klingen einfach verspielt und greifbar: “Between Octopus And Squid”, “Fresh Red Flea” oder “Big, Brutal, Cold Raindrops”.
Die beiden Akteure sind sonst auch in diversen Band-Projekten zu finden: Sharp, der Multi-Instrumentalist, der als Komponist auch für Ensembles arbeitet, in Downtown New York City. Und Fields, der Chicagoer, in Köln lebend, in diverse musikalische Gruppierungen involviert. — Textem